Wenn in Deutschland auf den verschiedenen Ebenen – Bund, Länder, Städte und Gemeinden – und in Kooperation der Berufsgruppen, die mit oder für Kinder arbeiten, wirksame Interventionen gegen Kinderunfälle gestartet werden sollen, so müssen sie in erster Linie auf kleine Kinder fokussieren. Gerade in den ersten Lebensjahren werden die Weichen für die Entwicklung eines Kindes gestellt und offenbar ist die Unfallgefährdung der Kleinsten am größten. Im Hinblick auf die Kindersicherheit besteht bei Kindern unter fünf Jahren der höchste Handlungsbedarf, die größte gesundheitliche Benachteiligung bzw. eine geringe Chancengerechtigkeit, die schlechteste Versorgung mit unfallpräventiven Angeboten und deutlicher Nachholbedarf in Bezug auf die erfolgreichen Investitionen in Verkehrssicherheit, von denen in erster Linie ältere Kinder profitiert haben.
Studien aus Kanada, USA, Großbritannien und Schweden konnten auf einem guten Evidenzniveau nachweisen, dass die persönliche Beratung von Eltern eine wirksame Maßnahme zur Verhütung von Verletzungen im Kindesalter darstellt (Kendrick et al. 2007, MacKay et al. 2006). Ergebnisse aus Präventionsprogrammen zu häuslichen Unfällen bei Kindern zeigen, dass die direkte und persönliche Informationsvermittlung über Unfallrisiken und Schutzvorkehrungen an Eltern einen nachweisbaren Einfluss auf die Verhinderung von Unfällen bei Kindern hat.
Auch Studien aus Deutschland ergeben, dass persönliche Beratungsgespräche einen wirksamen Effekt auf das Sicherheitsverhalten von Eltern haben (Ellsäßer 2006). Dies gilt insbesondere für die persönliche Beratung durch niedergelassene Kinderärzte, die gerade auch für sozial benachteiligte Familien eine wichtige und äußerst glaubwürdige Schlüsselrolle einnehmen.
Als zentralen Ansatzpunkt für die Kinderunfallprävention sehen Expertinnen und Experten dabei die Eltern und ihre Fähigkeiten. Sie sollten für das Thema „Unfallverhütung“ sensibilisiert und kompetent gemacht werden. Hierfür kann ein Arztbesuch, z.B. im Rahmen der gesetzlichen Früherkennungsuntersuchungen, ein guter Anfangspunkt sein und unfallpräventive Inhalte können in das ärztliche Beratungsgespräch integriert werden. Aber auch Arzthelferinnen, Präventions-Assistentinnen, Kinderkrankenschwestern, Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen können Eltern in der Praxis oder Klinik mit Informationen zur altersgerechten Unfallprävention versorgen.
Die Voraussetzung für eine fachgerechte und erfolgreiche Kompetenzvermittlung an Eltern ist, dass die beauftragten Fachpersonen sehr gezielt und orientiert an Standards aus- bzw. fortgebildet werden. Für die Vermittlung von unfallpräventiven Inhalten müssen neue berufsgruppenübergreifende Qualifizierungsprogramme aufgelegt werden.
Hilfreich sind zudem Informationsmedien, die altersspezifisch über die wichtigsten Unfallgefahren und Unfallhergänge informieren und Tipps zum sicheren Verhalten geben. Denn das, was gegen Unfälle wirkt, ist bekannt und kann von den Eltern leicht umgesetzt werden.
Eine Übersicht über alle in Deutschland verfügbaren Medien findet sich in einer OnlineDatenbank, die die BAG zusammen mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung betreibt. Unter
http://www.bzga.de/kindersicherheit können sich Interessierte hierzu einen Überblick verschaffen oder gezielt nach Suchwörtern Materialien auswählen.
Unfälle mit Todesfolge sind bei Kindern weitaus häufiger als gewaltbedingte Sterbefälle. Kinderunfallprävention wird allerdings von den politisch Verantwortlichen keineswegs so hoch auf die Agenda gesetzt, wie es angesichts der hohen Unfallzahl, der folgenschweren gesundheitlichen Auswirkungen und des bestehenden Präventionspotenzials notwendig wäre. Weitere Informationen und Download unter
http://www.kindersicherheit.de/html/daten.html