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 Betreff des Beitrags: Gesundheitsrisiko Kinderspielzeug - unsichtbare Gefahren
BeitragVerfasst: 23.03.2010, 22:46 
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Gesundheitsrisiko Kinderspielzeug - unsichtbare Gefahren

Kleine Kinder sind echte Abenteurer. Es ist schon erstaunlich, wie viel Energie sie entwickeln, wenn sie an das Mobile über der Wiege oder das Kuscheltier im obersten Regalfach herankommen wollen. Furcht kennen sie dabei selten: Das Regal ist zu hoch? Egal, die Einlegeböden sind doch eine prima Leiter. Keine Ahnung, wie Seife schmeckt? Na dann, ab damit in den Mund. Angst und Bange wird bei diesen Experimenten allerdings Mama und Papa, die im Gegensatz zu den kleinen Entdeckern um die damit verbundenen Gefahren wissen. Doch selbst, wenn alle Tischkanten abgeklebt, alle Treppen mit Gittern gesichert und alle Putzmittel weggeschlossen sind: Die größten Risiken lauern oft im Kinderzimmer selbst - in Form von Spielzeug.


Eine Puppe mit Sprachfunktion etwa birgt gleich mehrere Gefahrenquellen: Teile des Puppenkörpers, eine lose gebundene Schleife oder die Kassette. «Bei den häufigsten Unfällen mit Spielzeug haben die Kinder Kleinteile davon verschluckt», weiß der Kinder- und Jugendarzt Jörg Schriever aus Mechernich: «Das passiert oft unbemerkt, geht aber meist glimpflich aus und der Fremdkörper gelangt auf natürlichem Wege wieder ans Tageslicht.»

Manchmal allerdings kann das Kleinteil auch im Magen oder in der Speiseröhre hängenbleiben und zu ernsthaften Komplikationen führen.
«Haben Eltern gerade noch etwas im Mund ihres Nachwuchses verschwinden sehen, waren aber nicht schnell genug, um es zu retten, sollten sie in jedem Fall zum Arzt gehen», betont Schriever.
Insbesondere, wenn man nicht weiß, was genau verschluckt wurde.

Vorbeugen können Eltern, indem sie bei Kindern unter drei Jahren auf Spielzeuge mit Kleinteilen ganz verzichten oder zumindest regelmäßig kontrollieren, ob diese noch fest angebracht sind. «Wo Kinder unterschiedlichen Alters zusammen spielen, sollte man den Schulkindern erklären, dass die Jüngeren Kleinteile nicht in die Finger bekommen dürfen. Die Großen übernehmen gerne diese Verantwortung, insbesondere, wenn sie sich in der Rolle des Beschützers sehen.» Als Faustregel gilt nach Schrievers Erfahrung: Verschluckt werden kann alles, was durch eine Toilettenpapierrolle passt.

Wesentlich schlimmer kann die Sache ausgehen, wenn Kleinteile nicht in die Speise-, sondern in oder vor die Luftröhre gelangen. «Wenn akute Luftnot besteht, müssen die Eltern sofort versuchen, mit den Fingern, notfalls aber auch mit einem kleinen Löffel oder Ähnlichem, den Fremdkörper aus dem Rachen zu hebeln. Der Notarzt kommt in solchen Fällen sonst oft zu spät», erklärt Schriever, der auch Beauftragter für Kinderunfälle beim Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte ist. «Aber auch, wenn das Kind den Fremdkörper heraushusten konnte und kein Hustenreiz mehr besteht, sollte man sicherheitshalber zur endoskopischen Kontrolle gehen.»

Tod durch Ersticken kann auch eintreten, wenn Hals- oder Schnullerketten im Spiel sind. Der Experte rät darum, auf derartige Gefahrenquellen ganz zu verzichten. An Baby- oder Puppenkleidung sollten die Eltern Kordeln und Ähnliches konsequent abschneiden und durch Knopf- oder Klettverschlüsse ersetzen.

Gefahr droht auch durch Lauflernhilfen: «Bereits Säuglinge können darin aufrecht stehen und so beispielsweise Tischdecken mitsamt den darauf platzierten Gegenständen herunterziehen.» Durch Strampelbewegungen könne die mit Rollen versehenen Laufhilfe zudem bis zu zehn Kilometer pro Stunde schnell werden und über Teppichkanten oder die Treppe hinunter stürzen, warnt Schriever, an dessen Arbeitsplatz am Mechernicher Krankenhaus etwa jeder fünfzigste Notfall ein durch oder mit Spielzeug verunfalltes Kind ist.

Die Verletzungen in den genannten Beispielen sind in der Regel sichtbar oder das Kind äußert Schmerzen. Doch es gibt auch schleichende Gefahren, die bleibende Schäden anrichten können: Immer wieder gerieten Spielzeuge in die Schlagzeilen, weil sie giftige Inhaltsstoffe enthielten, sagt Rolf Buschmann von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf: «Berüchtigt sind vor allem Weichmacher, die Kunststoffen ihre Biegsamkeit verleihen, nach einiger Zeit aber aus dem Material entweichen.»

Die sogenannten Phthalate stehen unter anderem im Verdacht, Leber und Nieren zu schädigen sowie Unfruchtbarkeit zu verursachen. «In der Folge wurde zwar eine Reihe solcher Inhaltsstoffe EU-weit verboten, aber über Billig-Importe besonders aus dem asiatischen Raum gelangen sie nach wie vor in die Kinderzimmer», erklärt der Chemiker. Andere Stoffe wie die polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe seien in zu hohen Mengen erlaubt, obwohl sie im Verdacht stehen, Krebs zu erregen.

«Eine grobe Orientierung beim Spielzeugkauf bietet der Preis: Hersteller von Markenware haben einen Ruf zu verlieren und kontrollieren ihre Produkte genauer. Eine 100-prozentige Sicherheit gibt es aber auch hier nicht, wie Beispiele aus der Vergangenheit gezeigt haben», sagt Buschmann. Das gleiche gilt nach Ansicht des Verbraucherschützers für Kontrollzeichen wie das gesetzlich vorgeschriebene CE-Zeichen oder das freiwillige GS-Siegel. «Auch in Holzschutzmitteln und Lacken können toxische Stoffe stecken.
Allerdings gibt es Holzspielzeug auch mit dem Blauen Engel, einem sehr verlässlichen Zeichen mit strengen Prüfkriterien.»

Einen Test können die Eltern sowohl bei Holz- als auch bei Plastikspielzeug machen: «Einfach mal an dem Produkt schnuppern. Riecht es unangenehm chemisch, sollte man es besser ins Regal zurückstellen.» Ähnliches empfiehlt Buschmann für Spieluhren, tönende Spielstationen oder sprechende Puppen: «Halten Sie sich das Gerät direkt ans Ohr: Wenn es Ihnen dann schon zu laut ist, sollten Sie es Ihrem Kind erst recht nicht zumuten.»


Was die Prüfzeichen bedeuten

Prüfzeichen sollen Orientierung im unüberschaubaren Spielzeugdschungel bieten - aber sind sie auch verlässlich? Die wohl bekanntesten Prüfzeichen, die auf Kinderspielzeug zu finden sind, sind das CE- und das GS-Zeichen sowie der Blaue Engel und das Öko-Tex-Standard-100-Siegel.

Die Abkürzung CE steht für Communauté Européenne, also die Europäische Gemeinschaft. Alle in Deutschland vertriebenen Produkte, also auch Spielzeuge, müssen dieses gesetzlich vorgeschriebene Zeichen tragen. Es soll garantieren, dass die Produkte der europäischen Spielzeug-Richtlinie 88/378/EWG beziehungsweise dem deutschen Geräte- und Produkt-Sicherheitsgesetz entsprechen, also beispielsweise keine in der EU verbotenen Weichmacher enthalten.
Andere gesundheitsschädliche Stoffe sind aber dennoch in relativ hohen Anteilen zugelassen. Problematisch ist zudem, dass die Kennzeichnung mit dem CE-Zeichen durch die Hersteller und Importeure selbst erfolgt und somit beispielsweise keine Nachweise über die Schadstofffreiheit vorgelegt werden müssen. Bei stichprobenartigen Überprüfungen, etwa durch den TÜV oder die Stiftung Warentest, werden in vielen Produkten immer wieder Überschreitungen der Grenzwerte festgestellt.

Das Kürzel GS steht für Geprüfte Sicherheit. Dieses Siegel tragen Produkte, deren Hersteller sie freiwillig von unabhängigen Prüfstellen wie dem TÜV auf ihre Strapazierfähigkeit und auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben kontrollieren lassen. Immer wieder werden allerdings Fälschungen aufgedeckt.

Der Blaue Engel wird von der Jury Umweltzeichen vergeben, einem ehrenamtlichen Gremium, in dem unter anderem Vertreter aus Verbraucherschutz- und Umweltschutzorganisationen sitzen. Die Vergabekriterien wurden unter Federführung des Umweltbundesamtes entwickelt. Der Blaue Engel kennzeichnet beispielsweise Holzspielzeug, das aus nachhaltiger Forstwirtschaft kommt und frei von synthetischen Duftstoffen, Flammschutzmitteln und Holzschutzmitteln ist.

Das Öko-Tex-Standard-100-Siegel kennen viele Verbraucher bereits von Kleidung und Bettwäsche, es wird aber auch schadstofffreiem Stoffspielzeug verliehen. Die Vergabe erfolgt durch die Internationale Öko-Tex-Gemeinschaft, der 14 unabhängige Textilforschungs- und Prüfinstitute angehören. (ddp)


Kindersicherheit - Weiterführende Informationen

Die Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Kindersicherheit bietet auf der Webseite kindersicherheit.de eine Vielzahl von Informationen rund um die Unfallverhütung. Sollten Fragen unbeantwortet bleiben, stehen eine Hotline und ein Mailservice für Eltern zur Verfügung. In der «Kinderecke» kann über ein Spiel, ein Wissensquiz und einen Malwettbewerb der richtige Umgang mit gefährlichen Stoffen und Situationen geübt werden.

Das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland informiert auf evz.de über aktuelle Warnhinweise für Spielzeuge und andere Produkte.
Darüber hinaus steht eine Broschüre mit Tipps zum Spielzeugkauf zum Download bereit.

Viele Informationen und wertvolle Tipps rund um Unfallverhütung und Gesundheitsschutz im Kinderzimmer bietet die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen unter vz-nrw.de. Im kostenlosen Downloadbereich finden Interessierte unter anderem die Broschüre «Uns geht's gut - Umwelt- und Gesundheitsschutz im Kinderzimmer» (vz-nrw.de/mediabig/68721A.pdf).

Unter kinderaerzte-im-netz.de bietet der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte Aktuelles zum Thema Spielzeugsicherheit und gibt Tipps für den Fall, dass doch einmal etwas passiert ist.


Quelle: www.nh24.de

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Lis Dammann
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